
Die senioren- und pflegepolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion Dr. Daniela Sommer informierte sich gemeinsam mit den Vorstandsmitgliedern der AG 60plus über assistive Technologien/Unterstützungstechnologien (AAL) im Alter und bei Einschränkungen an der Universität Kassel.
Hintergrund der Entwicklung von so genannten altersgerechten Assistenzsystemen (AAL) ist der demografische Wandel und die steigende Zahl von unterstützungsbedürftigen älteren Menschen. Altersgerechte Assistenzsysteme sollen bei einem möglichst langen selbstbestimmten Leben helfen.
Technische Lösungsmöglichkeiten sollen ältere und körperlich eingeschränkte Menschen in ihrer Lebensqualität wirksam unterstützen. Nach Jahren der Erprobung finden erste Lösungen Eingang in den Alltag. Das Schwerpunktthema bei den AAL-Technologien ist in erster Linie die Sicherheit. Ob Wasserstopp in der Küche und dem Bad, Sensoren im Boden (falls die betroffene Person fällt), Nachricht an einen 24-Stunden-Dienst im Hintergrund (dem Hausnotruf ähnelnd), Stromabschaltung am Herd, intelligente Türen und Fenster, Erinnerung an Medikamenten- sowie Flüssigkeitsaufnahme oder Sturzprävention. Diese neu entwickelten Möglichkeiten sollen es alten und kranken Menschen ermöglichen, länger gesund im eigenen vertrauten Wohnumfeld zu leben, erläuterte Melanie Heußner, Mitarbeiterin im Fachbereich Mensch-Maschine-Systemtechnik, die das Projekt TAAndem bearbeitet.
Die Gästegruppe um Dr. Sommer verschaffte sich einen ersten Überblick über verschiedene Möglichkeiten und lernte unter anderem den Alterssimulationsanzug kennen. Mit diesem Konstrukt kann man am eigenen Körper spüren, wie ungelenkig und beschwerlich Bewegung, das Sehen und Einschätzen im Alter sein kann.
Besonders begeistert zeigten sich die Gäste von Paro. Der handliche Robben-Roboter wurde als therapeutisches Tier entwickelt. Er ist sozial programmiert und mit Sensortechnik ausgestattet, so dass Berührungen, Licht und Akustik gemessen werden können. Aufgrund dessen kann er aktiv mit seiner Umwelt agieren. Studien über den Einsatz von Paro in Alten- und Pflegeheimen mit dementen und mehrfach behinderten Patienten fallen positiv aus. Als Zuwendungsroboter kann er die emotionale Arbeit unterstützen. Im deutschsprachigen Raum sind bisher rund 100 Robben im Einsatz. Eine Robbe kostet etwa 4 800 Euro. Das ist ganz schön teuer, stellten die Besucher fest und diskutierten über die Frage, ob diese Kosten für Altenheime überhaupt tragbar seien.
Viele AAL-Systeme seien bislang noch keine Massenprodukte, so dass sie erst einmal nicht erschwinglich seien. Hinzu komme die ethische Debatte, da die Robbe keine echte Beziehung zu Menschen ersetzen könne. Im Rahmen des ethischen Zusammenhangs diskutierten die Anwesenden auch, inwieweit Datenschutzrisiken bzw. -missbrauch vorhanden seien und vermieden werden könnten, da viele AAL-Anwendungen auf der Überwachung der Betroffenen basieren würden. Ich denke hier an die Gefahr, dass dieser Roboter zu schnell als Alibi eingesetzt werden kann, um Zeit und menschliche Zuwendung zu ersetzen. Ich begrüße ausdrücklich die praxisunterstützende Forschung auf dem Gebiet der altersgerechten Assistenzsysteme. Diese dürfen aber nicht dazu führen, dass aus Kostengründen der Mensch durch Technik ersetzt wird. Die Hilfsmittel dürfen nur eine unterstützende Rolle spielen, so Siegfried Richter, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft (AG) SPD 60plus des Bezirks Hessen Nord.
Er sowie Manfred Aul, Helga Heinemann, Gerhard Telschow und Dr. Daniela Sommer finden den Ansatz des Projekts TAAndem der Universität Kassel spannend. Denn dieses Forschungsprojekt geht über die reinen AAL-Technologien hinaus und untersucht, wie die Potenziale innovativer technischer Entwicklungen für altersgerechte Assistenzsysteme erschlossen und in die Praxis überführt werden können.
In der TAAndem-Weiterbildungsmaßnahme treffen Beschäftigte aus unterschiedlichen medizinischen, pflegerischen und sozialen Berufsbereichen mit Personen aus technischen Berufsbereichen aufeinander. Es ist anzunehmen, dass diese beiden Berufsbereiche aufgrund des demografischen Wandels zukünftig vermehrt mit AAL konfrontiert sein werden. Daher lernen sie gemeinsam, die neuen technischen Möglichkeiten so zu gestalten, anzubieten und einzusetzen, dass die tatsächlichen Bedürfnisse und Wünsche der zu unterstützenden Menschen volle Berücksichtigung finden.
Ein Theorie-Praxis-Transfer ist immer wichtig, denn wenn die praktische Umsetzbarkeit oder Anwendbarkeit der Technologien nicht gegeben ist, nutzt die schönste Theorie nicht. Nur wenn die Techniken praktikabel, zweckgemäß und bedürfnisgerecht sind, können sie helfen, ein sicheres und selbständiges Leben im häuslichen Umfeld zu verlängern, resümierte Dr. Sommer mit der Zustimmung ihrer Mitstreiter und bedankte sich für die umfassenden Einblicke.